Erfolgreichster Ruderverein Österreichs

Der Erste Wiener Ruderclub LIA wurde 1863 gegründet und ist damit der älteste Körpersport treibende Verein Österreichs. ...

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Aktuelles

Montag, 30. März 2020

30.3.2020 LIA, facing fear

Verein zu Hause, alleine, wie damit zurecht kommen ?


Auch LIA Athletinnen und Athleten jeden Alters mögen sich gelegentlich Sorgen machen über sich, ihrer Familien, Freunde, aber auch über ihre Zukunft als RuderIn, als SportlerIn, als LIA Team. Alle wurden herausgerissen aus ihrer Trainingsroutine, aus ihren mühsam aufgebauten und im Arbeits- oder Schulalltag erstrittenen Trainingsstrukturen, aus ihren Vorbereitungsprogrammen und Rennplänen. Träume, Ziele und harte Vorbereitung wurden schlicht gelöscht, sei es für die ersten Langstrecken, sei es für die olympischen Qualifikationsrennen, sei es für Junioren und U23 Projekte. Und mehr noch wurden die Teams zersprengt, Schüler, Junioren, Kader, Studenten, Masters und Fitnesssportler getrennt von ihren Crews, ihren Trainern und ihrem ganzen sorgsam gepflegten Umfeld von Ruderkollegen und Freunden. Das LIA Clubhaus: Geschlossen.


Kein Ergometerlärm mehr beim gemeinsamen Frühtraining um sechs Uhr in der Früh, kein gemeinsames Frühstück in der Clubkantine, kein Donnern der Eisenhanteln beim Krafttraining der Juniorinnen und Junioren oder wenn Leo, Laszlo, Ulf oder Daniel an die Gewichte gehen, keine gemeinsame Plank-Sessions der LIA Studentinnen musikalisch mit der aller, wirklich aller, aller schlimmsten Playliste unterlegt, keine Masters, die am Egro auch noch die schlimmsten Hits tatsächlich textsicher mitsingen können!


Keine Lagebesprechung der LIA Oldboys zur nächsten Wanderfahrt und auch kein Kommandolärm am Vorplatz, wenn jene den deutlich über 100 Kilogramm schweren Red Admiral Achter zu Wasser lassen. Im Treppenhaus kein Trampeln der Schüler beim Stiegen steigen als Kraftausdauer Übung und auch keine, mal ernsten, mal coolen, mal lachenden Gesichter der LIA Mädels oder der LIA Jungs, wenn sie mit ihren Trainern Jojo, Caro, Sandy und Peter ihre Programme besprechen.


Aber auch kein Treff der ehrwürdigen LIA Grandseigneurs um Hanspeter Lenz, Sepp Steinbichler und Günther Faderbauer, wenn sie sich zum Mittagessen im Club verabreden , wo Bela Szendey seinen noch in Leder gefassten Kalender zieht, um die nächsten gemeinsamen Termine einzutragen, wortgewaltig unterstützt von Ruderkamerad Ernst Chowanetz. Am Abend dann auch keine Saunagruppen, die nach dem Training nicht nur schwitzt, sondern genau so heiß debattiert, was ansteht in der Ruder- und Nichtruderwelt.


Kein V8 Männer Achter der seine 18 Kilometer Morgenrunden noch vor dem Sonnenaufgang zieht, im Gleichklang, und die nächsten Trainingseinheiten ins Outlook tippt und auch keine Golden Girls die Vormittags laut lachend und schwatzende nach dem Training den Stammtisch stürmen für Kaffee, Kuchen und natürlich Hedis indischer Chai mit kalter Milch.


Keine Kader Rücken, so breit dass der Raum sich verdunkelt wenn Rudi, Ferdi, Christoph, Bruno, Wursti, Xandi oder Dieter durch den Türrahmen kommen, einzeln natürlich, und auch kein freundliches Lachen von den stundenlang am Rad kurbelnden LIA Kader Leichtgewichtsathletinnen Laura und Louisa wenn sie konzentriert ihre Grundlageneinheiten absolvieren und kurz von ihren Lernunterlagen aufblicken.


Auch keine Breitensporttruppe mit Gerhard, Maria und Meki, ersterer besorgt um das letzte Stück Kuchen am Buffet, zweitere verwöhnt mit einem Achtel Rotwein für ihre sorgsame und fürsorgliche Betreuung der Crews und letzterer als Cox stets entweder mit der Sprechanlage oder einer Tasse schwarzen Kaffees, nicht gesüßt, eh kloar, bewaffnet.


Nicht einmal mehr ein Zuspätkommen, ein Boot über Kopf hoch, ein verkehrt eingefädeltes Ruderblatt, oder eine andere gelegentlich unliebsame Nebenwirkung des Trainings im LIA Team. Einfach nur Leere und Stille im ganzen Clubhaus, am Vorplatz, auf der Alten Donau, auf der Neuen Donau. Wie kommt man damit zurecht?


Stay connected oder wie es die kanadische Sportmedizinerin und Psychiaterin auf World Rowing formuliert: Strong social networks of friends and family as well as interests inside and outside of sport are all part of a balanced life. Bleiben wir verbunden. Bleiben wir verbunden untereinander, verbunden mit unseren Teammates, mit unseren Trainern, unseren Freunden und Familien. Bleiben wir verbunden mit der Gegenwart, mit den wichtigen Fragen der gegenseitigen Verantwortung unsere körperlichen, psychischen aber auch sozialen Gesundheit. Bleiben wir verbunden mit unseren Trainings, unseren Plänen, unseren Ideen, unseren Zielen. Verbunden mit unserem Club, unserer LIA, unserer LIA Geschichte, die seit ihrem Bestehen ab 1863 nicht die erste Krise bewältigen muss. Verbunden mit unseren Ruderern und Ruderinnen, die diese Krisen tatsächlich bewältigt haben und dank derer Leistung wir überhaupt LIA sein können, sein dürfen. Eine kleine Meditation darüber hilft auch in der Gegenwart zu bestehen. Pflegen und teilen wir diese Beziehungen, dieses Einander-etwas-Bedeuten, eine Intensität die viel mehr und beglückender ist, als sich gegenseitig nur als Ding, als Nutzen, als Dienstbar, zu sehen.



Open your mind. Übernimm Verantwortung und teile. Eine offene, flexible und lernfähige Einstellung hilft uns mit der veränderten Situation umzugehen. Es ist eine gute Zeit für uns alle Eigenverantwortung zu übernehmen und uns mit Trainingsstruktur, Inhalten, Wirkungen, Reizen und Trainings- und Crewgestaltung auseinander zu setzten. Es ist eine gute Zeit neugierig zu sein und neue Inputs zu entdecken, zu erforschen und sie mit anderen zu teilen. Es ist auch eine gute Zeit über unsere Teams, unseren Club, unser Werte zu meditieren und nachzudenken welche Verantwortung wir als Einzelne, uns als Summe gegenüber haben, in der Trainingsgruppe, in der Crew, in der Gemeinschaft, im Verein und aus dem Verein heraus in die Gesellschaft.

 

Nützen wir die Zeit. Räumen wir unsere Zimmer auf, machen wir neu Ordnung und teilen uns die gemachten Erkenntnisse mit. Ich bin sicher, das kann hilfreich und wertvoll sein, gemeinsam durch die schwierige Zeit zu kommen und aufgeräumter, stärker, mental, sozial und physisch gereifter wieder zusammen zu kommen. Veränderung können helfen, besser vorbereitet zu sein.



Nützen wir die Zeit, öffnen wir unsere Köpfe und bereiten wir uns vor, für unsere Zukunft in der LIA. Eine LIA die nicht nur liefert, sondern eine LIA die gestaltet wird, eine LIA, in der der/die Einzelne viel Platz hat aber auch viel dazu beiträgt, dass dies nicht nur auf Kosten der anderen geht. Gestalten wir die LIA und aus ihr heraus in unsere Umwelt. Die in der aktuellen Krisen und der damit verbundenen notwendigen räumlichen Isolierung, deutlich gemachte Erfahrung, wie sehr wir gegenseitig in Bezug zu einander stehen, wie sehr wir uns gegenseitig System- sprich Lebenserhalter sind, ermöglicht uns die Chance deutlich und klar zu sehen, wie sehr wir gemeinsam lernen, gestalten, teilen und gegenseitig verantworten können, statt nur zu benützen, auch in der LIA. Ergreifen wir diese Chance!

Vivat, crescat, floreat!

 

Euer Hans, Fahrwart




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