Aktuelles
1./2.7.2023 119. Wiener Internationale Ruderregatta
Sandy und seine Pakistani
Vor 7 Jahren war ich mit einem LIA Vierer zu einer Regatta in Chennai/Indien, beim Madras Rowing Club, eingeladen. Die Teilnahme war ein einmaliges Erlebnis für die Crew und die Betreuer. Nach der Regatta gründete der Coach des Calcutta Rowing Club eine Chat Gruppe der ich seither angehöre. In dieser Gruppe werden Rudernews aus Indien und aus aller Welt ausgetauscht, zu indischen Festtagen wie Happy Diwali gratuliert, niemals aber politische oder zweideutige Inhalte gepostet.
Als die Ankündigung zur Wiener Internationalen Ruderregatta ausgesandt wurde hatte ich diese an die Gruppe geschickt mit dem Hinweis sich bei Interesse an mich zu wenden. Ein Mr. Arif Ikram meldete sich mit der Bitte um genauere Informationen. Ich sagte ihm zu, dass er von der LIA – im Gegenzug zur großzügigen indischen Einladung – die Boote kostenlos zur Verfügung gestellt bekommt. Als er mir die Liste der möglichen Teilnehmer und benötigten Boote schickte, fiel ich aus allen Wolken. Es standen 46 Namen drauf und die Anzahl der voraussichtlich gebrauchten Boote schien endlos. Schön für die Veranstaltung, aber die Logistik würde kompliziert werden. Schließlich brauchten ja das LIA-Team selbst eine Menge Boote. Als die Sache dann mit Visumanträgen konkreter wurde stellte sich heraus, dass es sich nicht um Inder, sondern um Pakistani handelt – auch gut – welcome. Nun so einfach ist es nicht für 46 Pakistani ein Visum für den Schengenraum zu bekommen. Über Generalsekräter Gerd Bischofter von Sport Austria und die tatkräftigen Hilfe von Generalkonsul Christian Siegl von der österreichischen Botschaft in Islamabad gelang es schließlich alle bis auf 2 Teilnehmer (aus welchen Gründen auch immer wurde ihr Antrag vom Schengenbüro erst 10 Tage zu spät genehmigt) nach Österreich zu bringen.
Endlich war der große Tag gekommen. 40 Pakistani, großteils Junior:innen, wurden von meiner Frau, Max Lehrer und mir vom Flughafen abgeholt. Als Vorgeschmack auf die kommenden Tage erfuhren wir, dass die Uhren in Pakistan etwas anders ticken als bei uns. Warten, warten, warten. Letztendlich klappte es doch alle 40, in mehreren Fuhren, wohlbehalten ins Hotel zu bringen.
Mittwoch, erstes Training im Ruderzentrum. Klar, etwas zu spät kamen die Letzten aus dem Hotel raus. Sehr mühsam Boote zusammen zu suchen, einmal klar zu machen, dass auch nur die Boote verwendet werden dürfen, die auf der Liste stehen. Auch, dass in einem Bus der für 9 zugelassen ist , nur 9 Leute sitzen dürfen. Life is different. Fahrordnung, Regeln ? Was ist das? Gottlob waren sonst keine anderen Boote auf dem Wasser. Wenn Mittagessen um 12 ausgemacht ist, kann man 5 nach 12 niemanden mehr aufs Wasser schicken. Für uns gewöhnungsbedürftig. Der Mannschaftschef Arif unterstützte mich sehr tatkräftig. Ein gröberes Problem hatten wir aber noch zu lösen. In Indien und Pakistan ist es üblich, dass Bootsdiener die Ruder und Boote zu Wasser tragen. Dies hat zur Folge, dass die jungen Ruderinnen und Ruderer noch nie ein Boot selber getragen hatten. Unser Sportvize Roman Arndorfer war knapp am Herzinfarkt als er sie beim Hantieren mit den Booten beobachtete.
Ansgar, der Trainer des Karachi Rowing Club verstand sein Handwerk recht gut. Ruderisch gab es nix zu meckern. Mit dem Einhalten der Startzeit wurde es immer ein wenig knapp. Unsere Schiedsrichter, von mir über die Uhren in Pakistan vorgewarnt, waren sehr großzügig. Bloß ein einziges Mal war ein Schülerzweier - eh nur 20 Minuten - zu spät am Floß. Das war denn doch zu viel, denn die ersten Boote des Zeittrials fuhren bereits durchs Ziel. Der Jubel bei den Pakistani war aber unbeschreiblich als sie die ersten Boote geschlagen hatten, wenn auch manchmal weit hinter dem Sieger. Bei den Schülern schaffte ein Bursche den beachtlichen dritten Platz im A Finale des Einerrennens, auch am Sonntag gelang es Medaillen zu erringen, worüber alle sichtlich erfreut waren. Unter 25 teilnehmenden Vereinen schafften sie Rang 6 in der Gesamtwertung – Gratulation!
Sogar der Counsellor der pakistanischen Botschaft Sheraz Ali besuchte die Regatta um seine Landsleute anzufeuern.
Die Stimmung bei den Gästen war immer total gut. Beim Transport zur Strecke wurde viel gesungen. Shoppingtouren und ein Praterbesuch am Tag nach der Regatta waren das Highlight. Als Dank für die Betreuung hier in Wien haben wir eine Einladung zu einer Juniorenregatta nach Karachi Ende Jänner bekommen. Statt in Italien oder Kroatien könnte dann das Trainingslager in Asien stattfinden – wäre wieder einmal etwas anderes.