Erfolgreichster Ruderverein Österreichs

Der Erste Wiener Ruderclub LIA wurde 1863 gegründet und ist damit der älteste Körpersport treibende Verein Österreichs. ...

VIENNA NIGHTROW

Die LIA in den Jahren der Ersten Republik 1918 bis 1938

Als wir 1918 das Clubhaus wieder übernehmen konnten, war es in desolatem Zustand. Eine zugesagte Entschädigung von 36 000,-- Kronen haben wir nie erhalten. Ein großer Teil der Mitglieder war verloren gegangen, nur mehr dreißig hielten treu zur blauen Flagge. Mit Theo Zasche waren es die Familien Godina und Catasta, die mutig mit dem Aufbau begannen.

Wie schwierig es unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war, bezeugt ein Satz aus dem Jahres­bericht. „Die Not hat auch uns beten gelehrt, denn wir mussten uns entgegen unseren hergebrachten Gewohnheiten einschränken, bis zu einer Grenze, die unsere früheren Mitglieder wohl nie für möglich gehalten hätten.“

Der Rudersport begann wieder zu florieren, und 1920 wurden die 1. Österreichischen Meisterschaftsrennen nach dem Krieg ausgetragen. Bereits 1923 konnte die LIA mit A.Weidler und E.Draxelmayr im Zweier ohne Steuermann die Meisterschaft gewinnen. Im Jahr davor war unser Ehrenmitglied und Präsident Theo Zasche gestorben. R. Catasta sen. übernahm die Clubführung, trat diese 1925 bis 1927 an Dr. R. Petrasch ab und wurde von 1928 bis 1939 wieder LIA-Präsident.

Der Grundstein für sportliche Erfolge war, dass die Trainer Willy Ulrich, und nach dessen tödlichem Unfall Arno Breitmeier, beide vom Berliner Ruderclub, zur LIA kamen. An dieser Stelle sei auch unseres Ehrenmitglieds J.K. Auracher, des Trainers und Oberbootsmannes der glorreichen 80-er-Jahre, gedacht, der 1930 verstorben ist.

Bereits 1929 hatten wir wieder Erfolge bei den Jungmannen[1] und Junioren im Achter, Zweier und Einer. Bei der 46. Wiener Inter-nationalen Ruderregatta konnten wir nach vierzig Jahren wieder einen Senioren-Achter gewinnen. 1931 kam dann der Durchbruch. Die LIA siegte bei der Österreichischen Meisterschaft in Velden im Vierer ohne Steuermann und in Renngemeinschaft mit Donauhort im Achter. Mit 17 Siegen, darunter zwei Meistertiteln, war 1931 ein Rekordjahr.

Im Jahre 1932 stellten sich 30 LIAnesen Trainer Arno Breitmeier zur Verfügung. Bei der Großen Wiener Internationalen Regatta wurde der 2. Senioren-Achter gegen Hungaria und Pannonia Budapest gewonnen, was gleichzeitig der 100. Sieg der LIA war. Mit dem Sieg im Achter bei der Österreichischen Meisterschaft war dies die Krönung dieser Saison.

Arno Breitmeier wurde 1933 in die deutsche Reichssportführung berufen, sodass nun G. Schmalz und Dr. Maschek bis 1934 das Training leiteten. In dieser Zeit startete die LIA in Györ, Lundenburg, Budapest, Como, Passau und an den österreichischen Regatten in Wien und auf dem Wörthersee. Dabei konnten 7 bzw. 12 Siege in Vierer- und Achterrennen errungen werden.

Das 70-jährige Jubiläum wurde 1933 im Hotel Sacher gefeiert. Die LIA zählte damals 93 Mitglieder und war eine festgefügte Gemeinschaft.

Mit Otto Bachheimer hatte die LIA wieder ein Sculler-Talent, und dieser konnte gemeinsam mit Europameister Tonschi Kopecky (Normannen) einige beachtliche internationale Siege errudem. H. Breitmeier hat 1935 das Training übernommen. Leider zeigte sich 1936, dass die Linzer Ruderer doch die Schnelleren waren, und manche Hoffnung auf die Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Berlin zerrann. Unser Club hatte aber damals die Kraft, Skirennen in Türnitz und auf dem Semmering durchzuführen, das Bootshaus in Nußdorf auszubauen und den Klinkerachter „Greifenstein“ anzukaufen.

Der ´alte Vater ´, wie sich Direktor Catasta von seinen jungen Kameraden gerne nennen ließ, und einige andere Mäzene hatten es zuwege gebracht, Tom Sullivan, den Coach des Berliner Ru­derclubs, der mehrmals Olympia-Sieger trainiert hatte, als Trainer zur LIA zu bringen. ´Tom´ oder ´Mister ´, wie er von allen ehrerbietig genannt wurde, war ein Wahrzeichen des Ruderns in Wien. Mit großer Begeisterung haben sich viele bei ´Tom´ zum Training gemeldet, unter anderen auch Österreichs Meister Josef Hasenöhrl vom RV Ellida. M.  Loukotsky und J.  Winkler konnten bereits im ersten Jahr den österreichischen Meistertitel im Zweier ohne Steuermann für die LIA erkämpfen. Siege im Vierer rundeten in diesem Jahr die Erfolgsliste ab.

Doch 1938 war ein politisch ereignisreiches Jahr. Unsere Heimat war in unversöhnlich kompromisslose Lager geteilt. Eine wirtschaftliche Krise nach der anderen hat Österreich an den Rand des Abgrundes gebracht, und so konnte Hitler-Deutschland mit Hilfe des Nationalsozialismus den ´Anschluss´ Österreichs herbeiführen.

 


[1] Damals galt eine andere Klasseneinteilung: Bis 18 Jahre ´Jugendliche´, danach ´Jungmannen´, mit zwei Siegen ´Junioren´, nach weiteren vier Siegen ´Senioren´.